Pilger im Mittelalter

Warum gab es Pilger im Mittelalter?

Für die Mehrheit der Pilger im Mittelalter geht es beim Pilgern darum, sich von der vertrauten Umgebung loszulösen und es damit Christus gleich zu tun. Dabei besuchen die Menschen heilige Orte um ihren religiösen Vorbildern an deren Wirkstätten näher zu kommen. Oft handelt es sich dabei um Menschen mit Nöten, Krankheiten oder Wünschen, die auf ein göttliches Einlenken hoffen. Das zeigt das Anschwellen der Pilgerzahlen nach Hungersnöten, Epedemien und Naturkatastrophen.

Pilger im Mittelalter: 13. Jahrhundert

Manche Pilger werden von weltlichen oder geistigen Obrigkeiten als Strafe auf den Weg geschickt. Dazu gibt es auch Menschen, die gegen Entgeld die Pilgerreise für andere auf sich nehmen. Diese bieten an, durch ihr Beten am Zielort und während der Reise etwas für den Auftraggeber zu erwirken.

Neben diesen Gründen wussten viele Menschen eine Pilgerreise mit geschäftlichen Interessen oder Abenteuerlust zu kombinieren. Unter dem Schirm der Pilgerschaft konnten sie mit mehr Legitimation und Entgegenkommen der Bevölkerung reisen.

Spätmittelalterliche Pilgerin in der Kathedrale von Konstanz

Wer waren die ersten Pilger?

Die Pilgerfahrt zu heiligen Stätten setzt im Christentum bereits im 4. Jahrhundert ein. Die ersten Pilger begeben sich nach Palästina um an dessen Wirksstätten Christus näher zu kommen. Dabei handelt es sich zunächst vornehmlich um reichere Personen aus dem Mittelmeerraum. Mit der Zeit werden Schiffsverbindungen über Venedig stärker kommerzialisiert, und auch der Landweg über Ungarn wird um das Jahr 1000 von König Stephan gesichert.

So wird ab dem 11. Jahrhundert eine Pilgerfahrt in’s heilige Land auch für untere Schichten mehr und mehr zugänglich. Im 12./13. Jahrhundert zeichnet sich der Gedanke ab, dass es drei wesentliche Pilgerziele gibt: Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela.

Pilgern nach Jerusalem

Die heilige Stadt ist an Bedeutung für die Pilger nicht zu übertreffen. Vermehrt wird der Pilgergedanke nach Jerusalem mit kriegerischen Handlungen verbunden. Es kommt zu mehreren Kreuzzügen. Als Folge daraus bleibt Jerusalem von 1291 bis in die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts für christliche Pilger unzugänglich.

Pilgern nach Rom

Rom-Pilger folgen Christus indirekt indem sie das Grab seines Nachfolgers Petrus besuchen und damit auch den „Felsen“ auf den Christus seine Kirche gegründet hatte. Rom ist für die Pilger erreichbarer und inzeniert sich mit zahlreichen Klöstern und Reliqien als zweites Jerusalem. Es werden Ablässe und Gnaden ausgesprochen. Im Jahr 1300 wirbt der Pabst sogar mit einem heiligen Jahr, an dem Rompilgern alle Sünden erlassen werden. Zu Höchstzeiten sollen 1000 Pilger täglich durch Basel passieren mit dem Ziel Rom.

Pilgern nach Santiago de Compostella

Um das Jahr 800 verbeitet sich die Nachricht, das im Norden der spanischen Halbinsel das Grab des Apostels Jakob entdeckt wurde. Der Kult darum wird von den lokalen Königen mit Kirchenbauten und Privilegien bewusst gefördert. Es bildet sich eine für die Verehrung zuständige Mönchsgemeinschaft. Der Ort erreicht bereits um 900 überregionale Bekanntkeit. Hundert Jahre später strömen bereits Massen an Pilgern aus Europa herbei. Kirchen in Frankreich entdecken auch vermehrt Reliquien. Das Wegesystem richtet sich nach Compostella aus. Man kann das am Verlauf der Handelsstrasse Via Regia nachvollziehen.

Ab etwa 1100 etabliert sich die Jakobsmuschel als Symbol der Pilger zum Grab des Apostels Jakob. Diese werden dort bereits als Mitbringsel vor der Kathedrale verkauft. Mehr als Rom oder Jerusalem wird Santiago de Compostella als ein Ort wahrgenommen, an dem Wunder möglich sind. Das Interesse an dem Ort bleibt bis zum 16. Jahrhundert hoch. Ab dann lassen die spanische Inquisition und verschiedene politische Spannungen die Pilgerströme schnell verebben.

Was könnten die Pilger im Mittelalter gegessen haben? Hier geht’s zum Artikel über Speis und Trank.

BACHRITTERTAGE 21.08. – 23.08.2020 Leider abgesagt!

Das Schwert Konrad Landgraf von Thüringen

Schwert des Landgrafen Konrad

von Thüringen und Hessen

Deutschordensmeister von 1239-1240

Dieses Schwert wird von den meisten Archäologen Konrad von Thüringen zugeschrieben. Das Original befindet sich, wenn es nicht gerade an diverse Sonderausstellungen ausgeliehen ist, im Berliner Zeughaus.

Die Zuweisung zu Konrad erfolgte aufgrund der beiden Wappen, die den Knauf beidseitig schmücken. (s.Abb. 2+3). Auf der einen Seite zeigt das Wappen einen steigenden Adler (Abb.2) und auf der anderen einen springenden, vierzageligen Löwen (Abb.3). Beide Wappen sind aus Messing gefertigt und auf dem achteckigen, facettierten Bronzeknauf aufgebracht. Dieser Löwe findet sich auch auf einem Reiterschild aus der Marburger Elisabethkirche, welches ebenfalls Konrad II. zugewiesen wird. Anhand dieser beiden identischen Wappen und dem erhaltenen Siegel Konrad II., das ihn genau mit diesem Schild zeigt, ist es sehr wahrscheinlich, das Schild und Schwert eigentlich zusammen Konrad II. gehörten.

Konrad ( wahrscheinlich 1207/08-1240) war Landgraf von Hessen und Thüringen. Er trat 1234 in den Deutschen Orden ein und war maßgeblich an der Heiligsprechung seiner Schwägerin Elisabeth von Ungarn beteiligt. Er wurde 1239 als Nachfolger von Hermann von Salza zum Deutschordensmeister ernannt. Er starb im Jahre 1240 in Rom an einer Erkrankung, als er zwischen Papst und Kaiser vermitteln wollte.

„Sein“ Schwert wurde im 19.Jhd. in dem Fluß Pregel bei Königsberg gefunden. Der Fundort passt jedoch nicht genau auf Konrad, da er nachweislich nie in Preußen war. Jedoch gehen neueste Forschungen davon aus, dass Klingen berühmter Männer nach deren Tode gezielt in bestimmten Flüssen deponiert werden, da Flüsse als „Übergangszonen zwischen den Welten“ angesehen wurden. Man beachte dabei, dass Preußen gerade erst christianisiert wurde und viele heidnische Bräuche in die christliche Praxis assimiliert wurden. Ein weiterer Erklärungsansatz könnte der weitere Gebrauch des Schwertes durch andere sein, die das Schwert dann durch andere Umstände nach Preußen und dort in die Pregel gebracht haben.

Das Schwert wurde 2003 von Arno Eckhardt („Die Traumschmiede“) gefertigt. Wir konnten das Projekt  mit großer Unterstützung von Hr. Dr. Quaas vom Berliner Zeughaus auf ein festes Fundament von vielen Fotografien und genauen Messdaten des Originals stellen. Hierbei kam auch die lange Erfahrung und das große Können von Arno Eckhardt zum Tragen, um die Replik zu einem wunderschönen und nahezu genauen Abbild des Originals zu machen.

Die Replik unterscheidet sich vom Original durch die fehlenden Tauschierungen auf der Klinge und die fehlenden floralen Muster auf den Seitenflächen des Knaufes.

Die technischen Daten des Originals möchte ich hier denen der Replik gegenüberstellen.

                                               Original                      Replik

Gesamtlänge:                       116,5cm                      117,6

Klingenlänge:                         94,7cm                        95,0cm

Klingenbreite:                         5,3cm                          5,3cm

Länge der Parierstange:      22,2cm                        22,2cm

Gewicht:                                 1350gr                        1390gr

Die Differenz im Gewicht rührt daher, das beim Original keine Griffschalen oder ähnliches mehr vorhanden sind. Man sieht, welche Genauigkeit beim Fertigen der Replik angewendet wurde!

Jochen Grasser, 2010

Quellen:

800 Jahre Deutscher Orden, Bertelsmann Lexikon Verlag

Europäische Hieb- und Stichwaffen, Müller, Kölling, Platow

Stähle, Steine und Schlangen, Stefan Mäder

Konrad, Landgraf von Thüringen, Hochmeister des deutschen Ordens Teil1, Erich Kaemmerer 1909

Kerzenherstellung im Hochmittelalter

Roll it yourself

– oder wie wir aus dem Dunklen traten

Angefangen hat das ganze Thema Kerzen rollen für uns, Simon und mich, an den Bachrittertagen 2016. Damals starteten wir mit dem neuen Konzept von Vorträgen während der Veranstaltung um dem Publikum und den Teilnehmern mehr Einblicke in unser Hobby und schlaglichtartig Informationen zu bestimmten Themen zu geben.

Einer dieser Vorträge war der Beitrag von Fabian Brenker über die hochmittelalterlichen Beleuchtungsformen im deutschen Südwesten. Der Vortrag war ein kleiner Auszug aus seiner Arbeit, die in der ZAM 2014 erschien. Fabian stellte darin unter anderem die erhaltenen Kerzen und den dazugehörigen Forschungsstand vor. Wir waren doch erstaunt, das die Kerzen für unsere Zeit anscheinend nicht gezogen, sondern gerollt waren! Auf der VA, vor allem dann im Heißen Herre konnte diese Theorie erstmals durchgesprochen werden, aber auf die Idee, das auszuprobieren kamen wir damals noch nicht.

Die Ehre der ersten gerollten Kerze gebührt dann einige Zeit später dem Simon. Ihn hat dieses Rollen der Kerzen nicht mehr losgelassen und er da er noch einiges Bienenwachs zuhause hatte, begann er auf einer Silikonmatte Wachsplatten zu gießen. Das funktionierte wunderbar und somit war auch schnell die erste Kerze fertig. Und sie sah schon genau so aus wie in Fabians Artikel die Originale.

Auf der nächsten Veranstaltung in Wiblingen zeigte er uns dann auch ganz stolz seine ersten paar gerollten Kerzen und wir waren absolut begeistert. Er hatte auch noch ein paar Wachsplatten dabei und zeigte uns und einigen Interessierten, wie er aus Wachsplatten und Leinengarn recht schnell eine große Kerze rollte. Eine der ersten Kerzen aus dieser Produktion bekam die Ines Taube geschenkt, die sie immer noch in Ehren hält…

Damit war die Neugierde geweckt! Wie können wir Wachsplatten mit historischen Mitteln herstellen? Ganz klar, Holzplatte, Rahmen drum rum, fertig. Wie bei einem Diptychon, nur das der Rahmen abnehmbar ist. Das Ganze war auch recht schnell hergestellt und das erste Wachs floss hinein. Leider floss es auch genau so wieder raus, da der Rahmen nicht dicht an der Grundplatte anlag. Also viel genauer arbeiten, Zwischenraum sauber passgenau machen. Dann auch erst mit wenig Wachs den Rahmen abdichten und dann das eigentliche Wachs hinein. Und, oh Jubel! Das Wachs blieb drin! Unsere erste Wachsplatte schien fertig! Ja, so schien es… Denn die Wachsplatte ließ sich nicht von der Holzplatte in einem Stück ablösen. Nicht mit einem dünnen Messer und auch nicht mit einem Stück Garn. Also alles wieder auf Los und von Anfang.

Was steht uns alles als Trägermaterial zur Verfügung? Wir haben Metalle, also Bleche. Die kann man ja auch erwärmen, um die Platten dann abzunehmen. Also schnell war ein Stück Stahlblech zur Hand, der Holzrahmen vom ersten Versuch war auch noch da und die Wachsplatte war gegossen. Aber um die Platte erstmal erkalten zu lassen muss das Blech kalt sein. Darauf klebt das Wachs dann auch sehr gut. Also von unten das Ganze erwärmen. Dann wird aus der Wachsplatte aber wieder flüssiges Wachs und der Vorgang dauert ziemlich lang. Nächster Versuch fehlgeschlagen…

Wir brauchen was, an dem das Wachs nicht so leicht kleben bleibt und wo man es wieder gut ablösen kann. Der nächste Gedanke kam dann mit Ölschiefer. Den gibt’s hier im Schwäbischen glücklicherweise zu Hauf und eine Platte war auch schnell besorgt. Nur leider klebt auch da das Wachs wie Pech dran.

Mit Leder hatten wir bereits schon früher Erfahrungen gesammelt, da klebt flüssiges Wachs auch ganz schnell und dauerhaft an. Aber was, wenn das Leder feucht ist? Durch die Feuchtigkeit müsste sich eigentlich das Wachs eher abstoßen und keine Verbindung mit dem Leder eingehen… Also nahmen wir ne Lederhaut, machten sie nass und das Wachs drauf. Ich kann gar nicht mehr richtig das Gefühl beschreiben, als sich die erste Wachsplatte wie von selbst ganz leicht vom Leder lösen ließ und als verwendbares Ausgangsmaterial fürs Kerzenrollen diente. Ich weiß nur noch, dass ich wie verrückt in der Garage getanzt habe! Wir hatten es geschafft! Eine Möglichkeit, Wachsplatten mit üblichen Mitteln des 13. Jahrhundert herzustellen.

Und mittlerweile kommen immer mehr gerollte Kerzen in die Szene und wir haben dazu beigetragen ein winziges Stück des Mittelalters erlebbar zu machen. Wir können selbstverständlich nicht sagen, so wars; aber der Prozess funktioniert und das Ergebnis sieht aus wie die Originale. Ganz abwegig kann es also nicht sein…

Video von der Kerzenherstellung, mit freundlicher Genehmigung von Beko Pharm:

Bilder: Die Reisecen e.V. und Beko Pharm